100 Jahre Maria Callas – im Gedenken an die wohl größte Operndiva aller Zeiten

Am 2. Dezember 2023 wäre Maria Callas 100 Jahre alt geworden. Sie beherrschte die Tragödie und das Drama – im Privaten wie auf der Bühne – wohl wie keine Zweite und berührt mit ihrer einzigartigen Stimme auch heute noch Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen.

Bach hat gerockt, Händel hat gerockt und Beethoven auch. Queen-Frontmann Freddie Mercury und Aretha Franklin hatten mit ganz eigenen Interpretationen von „Nessun Dorma“ aus Puccinis Turandot kurz mal das Genre gewechselt. Aber wenn es so etwas wie ein Rockstar der Klassik gab, war es Maria Callas. Soviel zu der Frage, was die Hommage an eine Operndiva bei Inspired by Beatz zu suchen hat.

Laut taz ist sie 1977 mit nur gerade mal 53 Jahren, „einsam, tablettenabhängig und mit erstorbener Stimme an einem Herzinfarkt“ gestorben. In ihrem Nachruf zum 100. Geburtstag der Operndiva stellt die Redakteurin eingangs die Frage: „Wir haben doch Beyoncé, warum sollte uns eine vor fast 50 Jahren verstorbene Opernsängerin interessieren?“

„Schlabberndes Tremolo“ statt tödliche Perfektion

 

Als Antwort kommt: „Zum Beispiel, weil dies Frau, Maria Callas, das größte Repertoire an Abgründen mit ihrer Stimme erreichte“, weil sie damit 50 Shades of Dunkelheit abrufen konnte, von Abscheu bis Hall, von Elend bis Qual. Zum Beispiel aber auch, weil diese Sopranistin, die als größte Diva des 20. Jahrhunderts gilt, ein eigenartiges Wackeln, ein schlabberndes Tremolo in bestimmten Tonlagen hatte, die Frauen ihrer Zunft wie Anna Netrebko trotzdem bis heute an ihr messen lassen müssen.“

Ein schönes und auch so passendes Bild. Denn wie ein Aufnahmeleiter in Berlin mit absolutem Gehör – in der E- wie ernsten Musik damals ein Muss – es einmal ausdrückte, lag der Charme ihrer einzigartigen Stimme vielleicht auch darin, dass sie nicht immer ganz sauber den Ton traf. Allzu große Perfektion könne auch schaden und den Charakter eines klassischen Stückes oder einer Oper abtöten.

Nicht nur zum 100. Am 2. Dezember 2023 ist die „Königin der Tragödie“, wie die taz sie nannte, mit ihrer einzigartigen, unverwechselbaren Stimme so oft zu hören, wie kaum ein anderer Opernstar, lebendig oder nicht.

Am 2. Dezember 2023 im New Yorker Stadtteil Washington Heights als Tochter griechischer Einwanderer mit dem Namen Maria Anna Cecilia Sofia Kalogeropoulou geboren, zog sie 1937 nach Athen, um am dortigen Konservatorium bei der spanischen Opernsängerin Elvira de Hidalgo Gesang zu studieren.

Ihre nur halb erwiderte Liebe galt Onassis

 

Daran schloss sich im November 1938 auch ihr erster öffentlicher Auftritt an. Der große Durchbruch gelang ihr 1942 an der Athener Nationaloper mit Tosca aus der gleichnamigen Oper von Giacomo Puccini, die ihr als Rolle wie auf dem Leib geschnitten schien und auch weiter begleiten sollte. Brillieren konnte sie unter anderem durch ihren großen Tonumfang von fast drei Oktaven und damit, dass sie alle Techniken des Belcanto-Gesangs beherrschte. Damit hat sie 1951 als Aida in der gleichnamigen Verdi-Oper in Mexico-Stadt auch dazu gebracht, „durchzudrehen“, wie die Plattenfirma EMI es nannte. Denn den 2. Akt hat sie abweichend von der Partitur mit einem glasklaren es³ beendet.

Zu ihren bekanntesten und bis heute viel gehörten Interpretationen zählen die Medea (Médée) in der gleichnamigen komischen Oper von Luigi Cherubini, vor allem die in der Mailänder Scala von 1953 unter Leitung von Leonard Bernstein sowie die Violetta in Verdis La Traviata und Bellinis Norma.

Diese und mehr Auftritte in der Scala und auf anderen Bühnen der Welt haben ihr den Ruf als unerreichte „Primadonna assoluta“ des 20. Jahrhunderts beschert. Dabei war es mit ihrer einzigartigen Stimme gar nicht mehr so weit her, als 1959 ihre Affäre mit dem griechischen Reeder und Milliardär Aristoteles Onassis bekannt wurde, die als never ending Love Story zu seiner Scheidung führte und sogar dessen spätere Ehe mit der JFK-Witwe Jacqueline Kennedy überdauern sollte. Denn 1968 und 1970 wurden sie wiederholt zusammen in der Öffentlichkeit gesehen. Zu einer Ehe mit Onassis, wofür sie 1966 sogar bereit war, ihre amerikanische Staatsbürgerschaft aufzugeben, kam es nie. Aber 1975 war sie am Totenbett des Milliardärs in Neuilly-sur-Seine, einem Nobelvorort von Paris.

 

Tosca und Medea waren ihr auf den Leib geschneidert

 

Ihre Diskographie endete 1964 mit Tosca, der Carmen von Georges Bizet und nochmals der Tosca, wie gesagt ihre Paraderolle. Aber als solche und in vielen anderen Rollen bleibt sie unvergessen der größte Star der Opernwelt des 20. Jahrhunderts. 1969 spielte sie für die damals unvorstellbare Summe von 65.000 Dollar nochmal die Medea im gleichnamigen Film von Pier Paolo Pasolini. 1971 bis 1972 hatte sie ausgewählte Meisterklassen unterrichtet, dann noch einmal mit einem Comeback mit einer Rezital-Tournee versucht.

Aber ihre große Stimme hatte sie längst verlassen. Als sie im September 1977 ebenfalls in Paris verstarb, waren unter den Trauergästen am berühmten Friedhof Pere Lachaise neben Größen aus der Musik- und Opernwelt die Fürstin Gracia Patricia und Filmproduzent Franco Rosselini.

Was viele ihrer weiblichen und männlichen Fans wohl auch begeisterte, war die Tastsache, dass sie für eine Operndiva, wenn auch nicht immer freiwillig, unter all den gewohnten fülligen Matronen eine schlanke Figur hatte. Und das macht oder machte lange Zeit auch den Charme von Anna Netrebko und von der Mezzo-Sopranistin Elina Garanca aus. Letztere hat sich vier Monate nach der Geburt ihrer Tochter in Linz wieder zurückgemeldet und für ein ausverkauftes Brucknerhaus gesorgt.



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